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Ganzheitliches Atemerleben®

In folgendem Artikel darf ich darlegen, wie ich aus meinem ganz persönlichen beruflichen Werdegang heraus Ganzheitliches Atemerleben® vor allem mit Hakomi® und Somatic Experiencing (SE)® verbinde.

Vor genau 30 Jahren habe ich meine Ausbildung bei Ilse Middendorf und Erika Kemmann-Huber im „Erfahrbaren Atem nach Middendorf“ in Berlin abgeschlossen. Ich arbeite seither mit dieser Methode und habe sie im Laufe der Zeit aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen sowie weiterer vielzähliger und vielfältiger Aus- und Weiterbildungen kontinuierlich weiterentwickelt.

Mittlerweile verstehe ich sie als eigenständige Methode, die ich „Ganzheitliches Atemerleben“ nenne und die seit April 2017 als europäische Marke eingetragen ist.

So wie wir leben, so atmen wir und so wie wir atmen, so leben wir

Grundlage dieser Methode ist das Verständnis vom Atem als ganzheitlichem Geschehen: „So wie sich das Atmen vollzieht, ist es ein unmittelbares Abbild, ein Spiegel unserer körperlichen, seelischen und geistigen Verfassung. Es ist damit nicht richtig oder falsch, sondern einfach so, wie wir sind. So wie wir leben, so atmen wir und so wie wir atmen, so leben wir. Wenn wir verhalten leben, dann werden wir auch verhalten atmen. Achten wir nun bewusst auf unser Atmen, dann bietet es uns die Chance, dies wahrzunehmen und bei Bedarf zu verändern“ (Faller 2009, S. 9).

 

Somit ist das zentrale Anliegen von Ganzheitlichem Atemerleben®, Menschen zu ermöglichen, ihren Atem und darüber sich selbst ganzheitlich zu erleben und sie in Veränderungsprozessen unterstützend zu begleiten. Gesundheitserhaltende Widerstandskräfte sowie ganzheitliche Selbstregulation werden gefördert und die Persönlichkeit gestärkt. Ganzheitliches Atemerleben hilft, gesund und leistungsfähig zu bleiben sowie sich optimal regenerieren zu können. Es verdeutlicht individuelle Talente und Potenziale und ermutigt, diese im beruflichen und privaten Umfeld umzusetzen. Angewandt wird Ganzheitliches Atemerleben sowohl im Gruppen- als auch im Einzelsetting.

– In Gruppen wird auf der Grundlage von Achtsamkeit mit Berührungen, vielfältigen Bewegungsabläufen (vor allem Kreisungen, Dehnungen und Schwüngen), gezieltem Druck und Druckpunkten, dem Tönen von Vokalen und Konsonanten, Spannungsphänomenen im Atem und Bewegungen aus dem Atem gearbeitet. Dies geschieht vor allem sitzend auf einem Hocker und stehend.

– Im Einzel wird je nach individuellem Bedürfnis entweder übungszentriert (wie zuvor beschrieben) auf einem Hocker oder in Form einer „Atembehandlung“ auf einer Liege gearbeitet. Bei der „Atembehandlung“ spricht die/der AtempädagogIn den Menschen, der bekleidet auf einer Liege liegt, und seinen Atem mit den Händen an. Dies geschieht über Dehnungen der Muskulatur, Bewegen einzelner Gelenke oder Körperbereiche, Arbeit mit Druck, „Ansprache“ durch die Hände usw. Die/der KlientIn muss sich in dieser Form der Arbeit zwar nicht aktiv bewegen, aber sie/er bleibt doch in einer inneren Haltung von Anwesenheit und Achtsamkeit in gewissem Maße aktiv und beteiligt – es entsteht somit, was wir „Atemgespräch“ nennen.
Durch diese einfachen und gleichzeitig sehr wirkmächtigen Übungen oder Behandlungsgriffe erleben Klient*innen unmittelbare Änderungen auf allen Erfahrungsebenen – körperlich, seelisch, geistig, manchmal auch spirituell und zugleich auch im Atem. Die gewonnenen Erfahrungen werden in integrierenden Gesprächen benannt, reflektiert und verknüpft und dadurch zusätzlich vertieft und verankert.

Mittlerweile ist eine der häufigsten Rückmeldungen von Klient*innen zu Ganzheitlichem Atemerleben, dass sie über die Einfachheit und gleichzeitig hohe Wirksamkeit dieser Arbeit erstaunt sind. Genau diese Einfachheit und hohe Wirksamkeit dieser Methode ist für mich einer der wichtigsten Gründe, warum sie zentraler Mittelpunkt meiner derzeitigen Arbeit ist.

Zwischenzeitlich hatte ich auch mehr mit Hakomi gearbeitet, nachdem ich bei Pat Ogden eine noch körperorientiertere Form von Hakomi, die sie Hakomi Bodywork (heute Sensorimotor Psychotherapie) nannte, gelernt und ihr einige Workshops in Deutschland und einen in USA assistiert hatte. Letztlich habe ich mich in der Arbeit mit dem Atem mehr zuhause gefühlt, da ich hier noch unmittelbarer mit dem Körper und Bewegung arbeiten kann (entspricht meinen vielfältigen Bewegungs- und Tanzerfahrungen). Seither habe ich eher spezifische Elemente von Hakomi in meiner Arbeit mit dem Atem genutzt, die ich sehr schätze und die meine Arbeit sehr bereichern.

Ganzheitliches Atemerleben und Einflüsse von Hakomi

Ich unterrichte in meiner Ausbildung in Ganzheitlichem Atemerleben und nutze in der Begleitung und Unterstützung von Klient*innen Spuren lesen, Ressourcenarbeit, Erfahrungsschatz, Dissoziationsdynamiken, Kontaktaussagen, Sonden, die Charakterstrukturen, die Arbeit mit Grenzen usw.

Zum Beispiel:

1. habe ich in der Atemausbildung gelernt, das sogenannte Körper- und Atembild zu erkennen und damit zu arbeiten. Durch Hakomi habe ich gelernt, auf weitere Spuren zu achten.

2. beginnen wir im Ganzheitlichen Atemerleben immer mit den gesunden Anteilen der Klient*innen zu arbeiten, diese zu stärken und zu erweitern, d. h. sehr ressourcenorientiert vorzugehen. Der differenzierten Auflistung der Ressourcen aus der Hakomi-Ausbildung entsprechend habe ich nun benannt, welche Interventionen im Ganzheitlichen Atemerleben welche Ressourcen fördern.

3. habe ich in der Atemausbildung gelernt, dass nach C. G. Jung vier Bewusstseinsebenen – Empfinden, Intuieren, Fühlen und Denken – unterschieden werden und wir primär auf der Empfindungsebene arbeiten. Durch Hakomi habe ich gelernt, dass es eine sogenannte Kernsammlung von Erfahrungen (Körperempfindungen, Bilder/Wahrnehmung durch die fünf Sinne, Verhalten, Affekte, Gedanken und Bedeutungen/überzeugungen) gibt, in deren Zentrum damals bei Pat Ogden die Empfindung stand und dass es darüberhinaus weitere Ebenen von Erfahrungen wie das innere Kind, Archetypen, Visionen, Träume usw. gibt. Ich habe daraufhin viel bewusster auch andere Erfahrungsebenen in meiner Arbeit berücksichtigt und aktiver mit ihnen gearbeitet.

4. habe ich erst durch Hakomi Dissoziationsdynamiken kennengelernt und berücksichtige diese seither auch in der atempädagogischen Arbeit.

5. habe ich in der Atemausbildung gelernt, auf bestimmte Weise Übungen anzuleiten und Austauschrunden zu begleiten, aber keine spezifische Methode der Gesprächsführung. Da mir mittlerweile noch bewusster geworden ist, dass Sprache grundlegend wichtig für selbstreflexive Bewusstheit ist und es kein „autobiografisches Selbst“ (Damasio) ohne Sprache geben kann (Hustvedt), ist mir verbaler Austausch und somit verbale Begleitung und gezielte Gesprächsführung in meiner Arbeit sehr wichtig. Dabei sind mir auch Kontaktaussagen ein sehr hilfreiches Tool. Ich nutze sie, um Verständnis zu vermitteln, Unbewusstes ins Bewusstsein zu heben und um die Klient*innen in der Erfahrung zu halten und diese zu erweitern und zu vertiefen.

6. habe ich durch Hakomi das Erfragen von Bedeutung z. B. bei einer Berührung: „Wenn die Hände Worte hätten, was würden sie dir sagen?“ – und dann das tiefergehende Erforschen in Form von Experimenten mit sogenannten Sonden – „Was passiert, wenn du folgenden Satz hörst: „...?“ gelernt und nutze dies seither auch in der atempädagogischen Arbeit. Später habe ich bei einer Fortbildung erlebt, dass selbst Ilse Middendorf eine Sonde in der Behandlungsarbeit nutzte. Sie fragte: „Was nimmst du wahr, wenn sich die Hände deinem Rücken anschmiegen?“

7. habe ich durch Hakomi die verschiedenen Charakterstile kennengelernt und daraufhin spezifische Interventionen aus dem Ganzheitlichen Atemerleben zusammengestellt, die für die Arbeit mit spezifischen Charakterstilen hilfreich sind.

8. habe ich durch Hakomi verschiedene Arten von Grenzen, verschiedenen Stadien von Grenzentwicklung (nach M. Bentzen) und daraus entstehende Grenzstile kennengelernt und berücksichtige diese entsprechend im Ganzheitlichen Atemerleben.

 

Der Umgang mit Traumatisierungen und die Methode Somatic Experiencing

Im Laufe der praktischen Arbeit mit dem Atem wurde mir immer deutlicher, dass Menschen, die wegen Atemstörungen, Stressbelastungen, Schmerzen, Schlafstörungen, diversen psychosomatischen Beschwerden wie Magen-Darm-Erkrankungen usw. in meine Praxis zur Arbeit mit dem Atem kommen, meist auch traumatische Ereignisse und/oder auch in sehr früher Lebenszeit – und damit auch existentiell bedrohliche – prägende Erfahrungen erlebt hatten. Ich habe von Pat Ogden Grundlagen für die Arbeit mit Trauma gelernt, da sie während meiner Ausbildungszeit eng mit Peter Levine, dem Begründer von Somatic Experiencing (SE), zusammenarbeitete und ihre Erkenntnisse unmittelbar in unsere Hakomi-Ausbildung einbrachte. So habe ich gelernt, dass man aufgrund der unterschiedlichen Nach- und Auswirkungen unterschiedlich mit Menschen arbeitet, abhängig davon, ob sie ein emotionales/Entwicklungs-Trauma (Verletzungen in Beziehungen, vor allem in der Kindheit) oder ein existentielles/Schock-Trauma (Verletzungen durch extrem belastende und/oder lebensbedrohliche Ereignisse) erlebt haben.

Ich habe diese Grundkenntnisse in meiner Arbeit mit dem Atem genutzt, doch irgendwann haben sie mir nicht mehr gereicht und ich wollte spezifischer mit den Klient*innen, die traumatisiert sind, arbeiten können. Deshalb habe ich von 2012 bis 2014 die Ausbildung in Somatic Experiencing (SE) bei Itta Wiedenmann in Österreich absolviert. Seither bin ich bei ihr als Assistent in der Ausbildung in SE in Österreich tätig und arbeite in meiner Praxis in Einzelstunden mit Klient*innen mit SE.

Wenn das Nervensystem in Übererregung oder Immobilität gefangen ist ...

Durch die SE-Ausbildung habe ich erfahren, wie bedeutsam das Nervensystem und seine Regulationsmechanismen bei Trauma und seiner Lösung sind. Darauf aufbauend habe ich Ansätze gelernt, wie ein aufgrund eines lebensbedrohlichen Ereignisses überlastetes Nervensystem, das entweder in Übererregung oder Immobilität gefangen ist, über wohldosierte Entladung wieder zu Entspannung und Ruhe finden kann.

Die in SE vermittelten Grundlagen der Polyvagal-Theorie (PVT) von Stephen Porges liefern schlüssige Erklärungen für die Regulationsmechanismen des autonomen Nervensystems bei Trauma aber auch für Sicherheit (Neurozeption) und soziales Engagement. Ich war schon kurz vor meiner SE-Ausbildung durch eine Atemkollegin auf die PVT aufmerksam gemacht worden. Entsprechendes Wissen ist nicht nur in der Arbeit mit traumatisierten Menschen sehr wichtig und hilfreich, sondern hat auch meine Arbeit im Ganzheitlichen Atemerleben sehr bereichert. Ich lese mittlerweile nicht nur die Atemreaktionen als solche, sondern sehe sie auch im Zusammenhang mit Reaktionen des Nervensystems und umgekehrt und richte meine Interventionen danach aus.

Darüber hinaus wurden mir in der SE-Ausbildung zwei Dinge bewusst, die ich für alle ressourcen- und körperorientierten Methoden für sehr bedeutsam halte:

1. dass Ressourcen „kippen“ und direkt zum Trauma oder einem belastenden Ereignis führen können. Z. B. beginnt jemand von einem positiven Ereignis – einem schönen Urlaub in Thailand – zu erzählen. Die Erzählung beginnt mit vielen schönen Erinnerungen an Hotel, Landschaft, Strand, Meer, freie Zeit, Erholung usw. und dann taucht in der Erzählung auf einmal die Erinnerung auf, dass auf einer Erkundungstour der Umgebung auf einem geliehenen Motorrad ein Unfall passierte.

Oder eine Klientin erzählt, dass Natur für sie eine große Ressource ist und ihr speziell das Bestimmen und Sammeln von Kräutern Freude bereitet. Im nächsten Moment koppelt sich die Erinnerung an ihren Vater an, von dem sie das gelernt hat und dessen Leben sich derzeit dem Ende zubewegt. Ihr Vater will aber seinen Zustand nicht wahrhaben, was viele Probleme in der Familie mit sich bringt und sie sehr belastet und traurig macht.

Deshalb haben wir in der SE-Ausbildung bei Itta Wiedenmann mittlerweile zusätzlich mit einem „neutralen Pol“ zu arbeiten begonnen, der meist größere Stabilität beinhaltet als Ressourcen. Dieser neutrale Pol kann sowohl im Körper als auch außerhalb sein.

2. Auch wenn der Erfahrung auf körperlicher Ebene und damit der Empfindung in der Middendorf-Methode und anderen Methoden wie Hakomi oder SE zentrale Bedeutung zukommt und sie meist im Mittelpunkt steht, wissen wir gerade aus SE, dass die Arbeit an der Empfindung auch direkt zur traumatischen Erfahrung führen kann. Wenn nicht entsprechende Fachkenntnisse bei den Therapeut*innen sowie Voraussetzungen wie Regulationsfähigkeit aufgrund von stabilen Ressourcen und guter Resilienz bei den Patient*innen vorhanden sind, um damit zu arbeiten, gilt es das unbedingt zu vermeiden. Ich nehme an und habe schon erlebt, dass Menschen aufgrund von zu viel Arbeit an Empfindung dekompensieren, weil Trauma aktualisiert wurde und sie evtl. sogar retraumatisiert worden sind. Letztlich ist aber auch die Auflösung der Auswirkungen der traumatischen Erfahrung wiederum primär über den Körper und die Empfindung möglich.

In SE habe ich eine weitere Form der Gesprächsführung gelernt. Besonders bei traumatisierten Menschen ist es wichtig, sich auch verbal Informationen über deren Prozess einzuholen, um diesen gut regulieren zu können und Überwältigung zu vermeiden. Es werden dafür offene Fragen genutzt, wodurch man detaillierte Informationen über die aktuelle Befindlichkeit und den Prozess der Klient*innen erhält. Daraufhin kann man die Angebote verfeinern oder verändern, Dissoziation rechtzeitig erkennen usw. Aber auch für das Ausbreiten von Ressourcen und positiven Erfahrungen durch das Ansprechen der verschiedenen Erfahrungsebenen werden offene Fragen genutzt.

Diese Erfahrungsebenen entsprechen denen der Kernsammlung in Hakomi und werden in Form eines Akronyms SIBAM – Sensation (Empfindung), Images (Sinneseindrücke und Bilder), Behaviour (Verhalten und Bewegungs/-Impulse), Affekt (Gefühle und Stimmungen) und Meaning (Bedeutung und Überzeugungen) – genannt. In SE wird auch mit den sogenannten Kopplungsdynamiken gearbeitet, d. h. inwieweit diese Erfahrungsebenen sinnvoll miteinander verbunden sind oder einzelne Ebenen z. B. unterkoppelt (dissoziiert) oder überkoppelt sind. Ich nutze das Ansprechen dieser verschiedenen Erfahrungsebenen auch im Ganzheitlichen Atemerleben sehr bewusst und fördere gezielt die Entstehung von sinnvollen Verbindungen.

In meiner SE-Ausbildung wurde aufgrund der begrenzten Zeit die Arbeit mit emotionalem/Entwicklungs-/Beziehungs- und Bindungstraumata nur sehr kurz vermittelt und ich bin sehr froh über alles, was ich dazu in Hakomi gelernt habe. Denn in der Praxis zeigt sich, dass existentielles/Schock-Trauma oft gekoppelt mit Entwicklungstrauma auftritt.

 

... Pendeln und Titrieren

Zwei weitere klassische „Werkzeuge“ von SE möchte ich noch kurz erwähnen, die ich auch im Ganzheitlichen Atemerleben nutze: das Pendeln und Titrieren.

1. Pendeln meint eine Bewegung zwischen Expansion/Ausdehnung, meist in Verbindung mit Ressourcen, und Konstriktion/Zusammenziehen, meist in Verbindung mit einer traumatischen Erfahrung. Vereinfacht beschrieben breitet man in SE bewusst zuerst eine Ressource aus, zu der man möglichst immer wieder zurückkehren kann und die für das traumatische Ereignis einen guten Gegenpol darstellt. Dann geht man wohldosiert in Richtung traumatisches Ereignis. Man geht aber nur soweit dorthin, dass der Organismus nicht überfordert wird, und geht dann wieder entweder zur Ressource oder ins Hier und Jetzt zurück. Darauf folgen in der Regel Entladungsreaktionen, die das eigentliche Ziel dieser Pendelbewegung sind.

Auch im Ganzheitlichen Atemerleben kann man dieses Pendeln vielfach sehr wirkungsvoll einsetzen. Z. B. erwarten Klient*innen mit Schmerzen, dass man direkt zum Schmerz hingeht und ihn durch Übungen beheben oder „wegbehandeln“ kann. Die Gefahr dabei ist, dass der Schmerz, wenn er mehr Zuwendung bekommt, noch deutlicher und stärker wird. Es ist viel wirkungsvoller, wenn man zuerst mit den gesunden Anteilen arbeitet und diese stärkt. Manchmal verändern oder lösen sich dadurch bereits die Schmerzen. Wenn nicht, geht man auf Grundlage eines stabilen Wohlgefühls dorthin, kann dadurch eher Besserung bewirken und manchmal entsteht aus dem nachfolgenden gleichzeitigen Wahrnehmen von beiden Polen ein drittes Empfinden, das meist angenehmer ist, als der Schmerz zu Beginn ...

2. Titrieren: Speziell bei Trauma ist es sehr wichtig, langsam und wohldosiert zu arbeiten, denn traumatische Ereignisse beinhalten immer die Elemente: zu schnell, zu heftig und zu viel. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.

Ein Grundsatz in der Middendorf-Methode und damit auch im Ganzheitlichen Atemerleben, der dem Titrieren entspricht, lautet, dass die Klient*innen bewusst auf das eigene Maß achten sollen. Manchmal sind sie dazu (noch) nicht selbst in der Lage und dann helfe ich ihnen gezielt dabei, dieses für sie richtige Maß zu finden. Zudem habe ich begonnen z. B. in der Behandlungsarbeit viel langsamer und mit weniger Interventionen zu arbeiten.

Klassisch ausgebildete Atempädagog*innen, die mich so arbeiten erleben, sind oft zuerst erstaunt und dann beeindruckt, wie viel Raum dieses Arbeiten für effektive Selbstregulation und -organisation eröffnet und wie es auf Grundlage eines guten Containments Kohärenz und damit auch den zugelassenen Atem – ein wesentliches Ziel dieser Arbeit – fördert.

Ich könnte weiter über einzelne Aspekte dieser Methoden berichten, wie sie sich gegenseitig ergänzen und bereichern, aber möchte es nun bei diesem ersten Einblick belassen. Ich bin sehr dankbar, dass ich all diese Dinge kennenlernen durfte und sie nun vor allem in meiner Arbeit mit Ganzheitlichen Atemerleben anwenden kann, ebenso wie in der Arbeit mit traumatisierten Menschen, mit denen ich primär mit SE arbeite, wobei auch immer wieder die Arbeitsweisen von Hakomi bei Entwicklungstrauma sehr hilfreich sind.

 

Erstmals erschienen am 10. Juli 2017 im Newsletter 1/2017 von Hakomi Österreich. Den Print-Artikel können Sie unter folgendem Link downloaden Ganzheitliches Atemerleben® in Verbindung mit Hakomi® und Somatic Experiencing®

 
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veröffentlicht am: 15.7.2017 | Text: Norbert Faller